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Was ist ein Sturz am Bau?

Gemauerte Wand mit Stürzen aus Holz

Gemauerte Wand mit Stürzen aus Holz und einem Bogensturz rechts unten. Bild: Copyright Envato Elements

Sie haben den Begriff auf einer Baustelle gehört oder in einem Fachmagazin gelesen und können damit nichts anfangen? Mit großer Sicherheit haben Sie aber bereits einen Sturz gesehen: entweder an einem Fachwerkhaus, an einer historisch gemauerten Wand oder an einem im Bau befindlichen Objekt. Es handelt sich um das waagerechte Bauteil, das sich bei Tür- und Fensteröffnungen wiederfindet. Doch damit Sie mehr über dieses Bauteil wissen, liefern wir Ihnen die Definition zu diesem Begriff, erläutern alle notwendigen Hintergrundinformationen, geben Beispiele und zeigen auf, wie Sie diesen in einem Grundriss erkennen können.

Definition und Funktion

Ein Sturz ist das waagerechte Bauteil, das sich immer über einer Wandöffnung befindet. Dabei handelt es sich normalerweise um eine Tür- oder Fensteröffnung. Der Sinn dieses Bauteils liegt darin, das über der Wandöffnung liegende Mauerwerk abzustützen. Ohne dieses Bauteil würde die Mauer über der Öffnung nicht halten und einstürzen. Es nimmt daher die Funktion eines stabilen Trägers ein, das mit beiden Enden auf dem beidseitigen Mauerwerk rund um die Wandöffnung aufliegt. Dadurch kann es das Gewicht von oben aufnehmen und auf die tragfähige Wand ableiten.

Gut zu wissen: Als sogenannter ‘falscher Sturz’ sind solche waagerechten Bauteile bekannt, die ohne wirkliche Funktion verbaut wurden. Demnach nehmen falsche Stürze keine Last auf und dienen meist nur zu gestalterischen Zwecken.

Fenster mit falschem Sturz

Bei diesem Fenster ist das lastenabtragende Bauteil der ockergelbe Sturzriegel aus Holz und nicht die darüber liegende aufrechtstehende Ziegelreihe (= falscher Sturz). Bild: Copyright Envato Elements

Eigenschaften

Zu den wichtigsten Eigenschaften eines Sturzes gehören die Biegefestigkeit (wie stark ein Bauteil bei Belastung durchbiegt), die Schubfestigkeit (der Widerstand eines Bauteils gegen Abscherung), die Tragfähigkeit und die Lastaufteilung (wie ein Bauteil die Belastung aufnimmt). Dies sind sehr tief in die Materie der Bauphysik gehende mechanische Eigenschaften, die in der DIN EN 845-2 geregelt sind. Daher ist eine etwas praktischere Herangehensweise sicherlich verständlicher, um die Eigenschaften des Bauteils zu erklären - nämlich die Bauart.

Bauart

Es gibt drei verschiedene Bauarten:

  • Vorgefertigt: Heutzutage ist der werkseitig vorgefertigte Sturz weit verbreitet, da dies Zeit und Kosten einspart. Dabei kann das Bauteil entweder ein reiner Stahlträger aus Stahlbeton oder sogar gemauert sein, der aus Kalksandstein oder Ziegelsteinen besteht und mit Stahl verstärkt wurde.
  • Teilweise vorgefertigt: Diese Bauart beschreibt einen Sturz, der beispielsweise aus flachen Ziegelsteinen werkseitig vorbereitet wurde, auf der Baustelle aber noch ergänzt bzw. auf die notwendige Höhe gebracht werden muss.
  • Bauseits hergestellt: Bei dieser Bauart wurde das Bauteil unmittelbar auf der Baustelle hergestellt, indem Frischbeton in eine sogenannte Schalung (aus Holz hergestellte Gussform) gegossen wurde mit oder ohne Stahl als sogenannte Bewehrung (Verstärkung).

Vor allen Dingen die wichtigsten Eigenschaften dieses Bauteils – nämlich die Biege- und die Schubfestigkeit – werden erst durch die Stahlbewehrung den heutigen baurechtlichen Anforderungen gerecht. Daher ist es auch die Aufgabe von Fachpersonen oder Statiker:innen, die notwendigen Ausmaße von Stürzen zu berechnen, insbesondere bei breiten Wandöffnungen oder Gebäuden mit vielen Geschossen. Nur dadurch wird die fachgerechte Statik des Mauerwerks gewährleistet.

Historische Stürze

Da es früher kein Stahlbeton gab, mussten die damaligen Baumeister auf andere Materialien zurückgreifen, wenn eine Wandöffnung in einem Gebäude gebaut werden sollte. In der frühzeitlichen Architektur finden sich oftmals behauene Natursteine wieder, die diese tragende Funktion einnehmen. Im Mittelalter dagegen wurden beim damals typischen Fachwerkbau sogenannte Sturzriegel – Holzbalken als Querstreben – genutzt. Später dann verbreitet der gemauerte Bogensturz, der über Tür oder Fensteröffnung von Backsteingebäuden angebracht wurde.

Sturz an einem Haus in Venedig

Beispiele für Stürze an einem Haus in Venedig. Bild: Copyright Envato Elements

Wo gibt es überall einen Sturz?

Über den Tür- und Fenstersturz haben wir zu Genüge gesprochen. Doch nicht nur hier wird das Bauteil gebraucht. Auch bei einer Garage, einem Durchgang oder eine Durchreiche werden Stürze eingesetzt, um die Öffnung bautechnisch zu ermöglichen. Insbesondere bei nachträglich geplanten Wanddurchbrüchen ist vorab mit einer Fachperson abzuklären, ob und wie sich der Durchbruch umsetzen lässt. Der Einbau eines Sturzes, um die ehemals getrennte Küche mit dem Esszimmer mit einem großzügigen Durchgang zu verbinden, wird in keinem Fall zu umgehen sein.

Wie erkenne ich einen Sturz im Grundriss?

Das Bauteil werden Sie auf Anhieb nicht im Grundriss erkennen können, da sich dieses oberhalb der waagerechten Schnittlinie befindet. In der Regel werden bei Grundrissen für die ausführenden Gewerke jedoch entsprechenden Angaben gemacht, die Sie an den jeweiligen Wandöffnungen unter Anhabe des Wortes ‘Sturz’ zusätzlich zu den Höhenangaben wiederfinden.

Wie Sie sehen, gibt es viel zu wissen rund um ein solch verhältnismäßig kleines Bauteil. Wenn Sie noch weitere Fragen dazu haben oder einen Sturz in Ihren neuen Grundriss einplanen möchten, können Sie uns gerne kontaktieren.

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Autor

Nathalie Pfeiffer

Fachjournalistin und Bauingenieurin

Dieser Artikel hat die Nummer:

F013